Nach zweijähriger pandemiebedingter Unterbrechung fand am 9. Januar die Reihe „Redezeit“ ihre Fortsetzung. Vor rund 30 Gästen referierte die evangelische Theologin und Geschäftsführerin der Stiftung LEUCOREA, Dr. Marianne Schröter, über »Deutsch als Wissenschaftssprache. Christian Thomasius und die Universität Halle«. Unter den Besuchern weilte auch Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff mit seiner Gattin Gabriele. In der anschließenden Diskussion stellte sich schnell heraus, das Deutsch als Wissenschaftssprache heutzutage wiederum an Bedeutung verliert und selbst in den Geisteswissenschaften durch Englisch ersetzt wird. Breiten Raum nahm ebenso die sogenannte Gendersprache ein, deren Verbreitung auch vom Ministerpräsidenten nur mit verständnislosem Kopfschütteln quittiert wurde.
Mit dem Namen von Thomasius (1655–1728) ist die Durchsetzung des Deutschen als akademische Lehrsprache verbunden. Zunächst an der Universität Leipzig und dann, nach dem Lehr- und Publikationsverbot dort, seit 1690 an der halleschen Fridericiana hat er auf eine Bildungsreform hingewirkt, die auf eine Überwindung der konfessionellen Bevormundung der Wissenschaften zielen wollte. Vielmehr sollten das Naturrecht und die Philosophia pracitca – besonders Ethik und Politik – zur neuen Grundlage akademischen Arbeitens werden und so zur Mundanisierung der Universitäten beitragen. In dem Vortrag wurden die wichtigsten Elemente der Thomasianischen Universitätsreform erläutert und in den wissenschaftsgeschichtlichen Zusammenhang gestellt.
Die „Redezeit“ gibt es seit 2018 und wird von der Stiftung LEUCOREA gemeinsam mit dem Verein WortWerkWittenberg e. V. und dem Institut für deutsche Sprache und Kultur angeboten. Vierteljährlich werden interessante sprachliche und sprachpolitische Themen von einem Referenten vorgestellt, um anschließend darüber zu diskutieren.
Text und Fotos: Jörg Bönisch