An diesem wunderschönen zweiten Oktoberwochenende 2018 hatten Sprachfreunde die Qual der Wahl: Kulturpreis Deutsche Sprache in Kassel oder Festspiel der deutschen Sprache in Bad Lauchstädt. Und es war in gewisser Weise auch ein Kontrastprogramm: Hier die aufmotzigen Rapper „Die Fantastischen Vier“, da die Helden der Weimarer Klassik. Die Festspielwoche bot ein reichhaltiges und anspruchsvolles Programm rund um Sprache und auch Musik. So wie das im Kursaal vom Musikwissenschaftler Hans John moderierte Podiumsgespräch mit der unvergleichlichen Edda Moser und dem Operntenor Peter Schreier, der im Jahr 1950 als 15-Jähriger als eine seiner ersten Tonaufnahmen die Arie „Es ist vollbracht“ aus Bachs Johannes-Passion aufgenommen hatte. „Als der wunderbar klare Knaben-Alt nun, 68 Jahre nach der Aufnahme, erklingt, könnte man im Saal die berühmte Stecknadel zu Boden fallen hören“, schreibt die Mitteldeutsche Zeitung. „Schreiers Gesang ist so überirdisch schön, dass er einen Platz neben Mosers auf Platte verewigter Arie in der kosmischen Kapsel verdient hätte“, die seit mehr als 40 Jahren mit der Raumsonde Voyager 2 durchs All fliegt.
Auch über die Entstehung dieser weltberühmten CD mit der von Edda Moser gesungenen Rache-Arie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ wurden die Zuhörer aufgeklärt: Kurz vor Beginn der Aufnahme erfährt die Sängerin, die Frau des Dirigenten wolle nicht, dass Edda Moser die Partie singe. Aber der Produzent sagt, Moser singt. „Und wie!“, schreibt die Mitteldeutsche Zeitung, „Zornbebend und so überwältigend, dass es wohl keine andere ihr gleichgetan hat.“
Weitere Höhepunkte des eigentlich nur aus Höhepunkten bestehenden diesjährigen Festspiels der deutschen Sprache waren szenische Lesungen von Goethes „Iphigenie auf Tauris“ und „Faust der Tragödie erster Teil“, im Goethe-Theater vorgetragen von Peter Bause, Marie Anne Fliegel, Bernt Hahn, Walter Kreye, Sunnyi Melles, Markus Meyer, Martin Valdeig und Angela Winkler, ein Abendkonzert mit Franz Schuberts letztem Liederzyklus „Schwanengesang“ mit dem Tenor Jan Kobow, oder ein literarisch-philosophisches Gespräch des Philosophen Alfred Grosser mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff.
Edda Mosers Credo: „Sicher ist jede Sprache dem Wandel unterworfen und wir sind gezwungen, Fremdbegriffe und Formulierungen einzuflechten, um verständlich und zeitgemäß dem technikbeladenen Gesprächsaustausch unseren Tribut zu zahlen. Doch gilt es, ein hohes Erbe zu verwalten. Dem Unbehagen, das durch Deutschland geht, soll man sorgsam ein Mittel entgegenstellen: die Liebe zur Schönheit unserer Sprache. Es ist unsere Aufgabe und Verpflichtung, sich das Erbe eines Thomas Mann, eines Goethe, eines Martin Luther, eines Theodor Fontane und den zahllosen Nachfahren kulturell zunutze zu machen.“
Zum 12. Mal trafen sich in diesem Jahr Sprachfreunde und namhafte Schauspieler in der Goethe-Stadt Bad Lauchstädt. Vom 8. bis 14. Oktober lud VDS-Mitglied Kammersängerin Prof. Edda Moser zum Festspiel der deutschen Sprache. Sprachfreunden bietet die künstlerische Leiterin, die das Festspiel 2006 in Rudolstadt ins Leben rief, ein reichhaltiges und vor allem anspruchsvolles Programm, um der schönen und ausdrucksstarken deutschen Sprache zu huldigen. So schwärmt Edda Moser: „In Bad Lauchstädt ist uns ein Ort zuteil geworden, wo wir gemeinsam die Wurzeln aufspüren können, die uns zusammenhalten. Ich betrachte es als Glück, die Einmaligkeit unserer Sprache als Lebensgrundlage zu verteidigen. Wir alle haben die Ehre, die Pflicht unsere Sprache vor der Verrottung zu bewahren.“
Text: Walter Krämer und Jörg Bönisch | Fotos: Jörg Bönisch