(Halle (Saale), 14. Juni 2011) Am 19. Juni lädt der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) zum MDR open ein. Hier fahren als besonderer Service zwischen dem Leipziger Hauptbahnhof und dem MDR-Gelände Shuttlebusse. Dort werden die Besucher mit dem Jump-Partydome begrüßt. Mit ein bisschen Glück können Interessierte auch VIP-Tickets gewinnen, um die zahlreichen Highlights, Bühnenshows und Mitmachaktionen zu besuchen. Wem diese Ehre nicht zuteil wird, kann sich im VIP-Zelt zum VIP-Treff einfinden. Geht mal der Überblick verloren, stehen Mitarbeiter im T-Shirt »MDR-Team« zur Verfügung. Und zu allem Überfluss wird es vor Stars nur so wimmeln. Denn Stars in Concert gehören genauso zum Programm, wie Quizrunden und Talks. Junge Menschen haben im BildungsCentrum die Möglichkeit, über berufliche Entwicklungsmöglichkeiten zu informieren. In der Media City kann dann auch noch das Studio vom Riverboat bestaunt werden. Grillen und Chillen können Besucher auf dem Gelände ebenfalls. So stellt der MDR das Programm des Tages der offenen Tür auf vier Seiten in seiner Publikumszeitschrift »mittendrin« vor. Zahlreiche Anglizismen finden sich auch in einer vom MDR am 14. Juni verbreiteten Presseinformation wieder.
„Wirbt der MDR in der Überschrift »Mittendrin statt nur davor: MDR open!«, so werden doch viele Menschen ausgegrenzt; nämlich die, die nur der deutschen Sprache mächtig sind beziehungsweise mit diesen Anglizismen nichts anzufangen wissen. Außerdem bleibt die Frage, wieso eine gebührenfinanzierte, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt derartige sprachliche Fehlleistungen verbreitet“, so Arne-Grit Gerold, Leiterin der halleschen Regionalgruppe des Vereins Deutsche Sprache e. V. (VDS).
Der Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, Prof. Dr. Udo Reiter, antwortete in einem Interview mit der Freien Presse (Ausgabe vom 18.06.2011) auf die Frage, ob er für den Protest unseres Vereins gegen die Häufung englischer Worte im Sprachgebrauch des MDR Verständnis hätte: „Ja und nein. Ich denke schon, dass auch unser älteres Publikum weiß, was Shuttlebusse oder Talks oder zum Beispiel Quizrunden sind. Natürlich muss man beim Sprachgebrauch immer mit Fingerspitzengefühl vorgehen und stets auf Verständlichkeit und die richtige Klangfarbe achten. Das ist fast dasselbe wie beim Dialekt.” Den letztgenannten Aussagen ist eigentlich nichts weiter hinzuzufügen. Es bleibt allerdings die sich zwangsläufig aufdrängende Frage, warum dann im MDR nicht die verständlichen deutschen Begriffe verwendet werden!?
Schon im Schlussbericht der Enquetekommission zur Kultur in Deutschland (Bundestagsdrucksache 16/7000, Kapitel 6.5: Erhalt und Förderung der deutschen Sprache) wurde den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten nahe gelegt, sich ihrer sprachlichen Vorbildfunktion bewusst zu sein. Für die Kommissionsmitglieder ist die deutsche Sprache die gemeinsame Grundlage für das Leben in Deutschland und das prägende Element der deutschen Identität. Es wird festgestellt, dass innerhalb des deutschen Bildungswesens und der medialen Öffentlichkeit ein Verlust an Sprachbewusstsein, ein schrumpfender Wortschatz und eine abnehmende Bereitschaft zu verzeichnen seien, die deutsche Sprache zu fördern, sie fortzuentwickeln und ihr die ihr zukommende Bedeutung beizumessen.
Der VDS setzt sich seit Jahren für einen größeren Anteil deutscher Musik im Rundfunk und für eine bessere Förderung deutschsprachiger Musiker ein. Doch die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Deutschland ignorieren derartige Bestrebungen beharrlich. Und das, obwohl Musik aus Deutschland hierzulande die internationale Konkurrenz abhängt. Das Marktforschungsunternehmen Media Control teilte mit, dass 2010 acht der zehn erfolgreichsten Musikalben aus Deutschland kamen. Sechs der Interpreten singen auf Deutsch. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr mehr deutschsprachige als internationale Musik verkauft (VDS-Pressemeldung). Um der Forderung nach einem höheren Anteil deutschsprachiger Musik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Nachdruck zu verleihen, ruft der VDS am 2. Juli zu einer Demonstration vor dem MDR-Gebäude in Leipzig auf.
Die dazugehörige Presse-Information 07/2011 vom 13. Juni 2011 finden Sie in der Rubrik »Presse« oder können Sie hier herunterladen.
Text und Foto: Jörg Bönisch